Apfel-Calvados-Hähnchen mit Schalotten & Salbei
Der Tag war ein graues Tuch, das man am liebsten glatt streichen würde. Drinnen klirren Gläser leise, die Fenster beschlagen kurz, weil der Ofen aufatmet. Ich lege Hähnchenschenkel auf ein Blech wie kleine Versprechen: außen kross, innen saftig, dazwischen ein Duft, der an Apfelwiesen erinnert, an feuchte Erde im Oktober und an eine Flasche, die man nur für besondere Momente aus dem Vorrat zieht. Calvados – nicht prahlerisch, eher wie eine warme Hand auf der Schulter. Ein Schuss nur, aber was für ein Schuss: Er hebt die Apfelsüße an, macht aus Schalotten kleine Schmelzwunder und lässt den Salbei knistern wie trockenes Laub.
Magst du heute etwas, das ohne viel Aufhebens funktioniert? Ein Blech, ein Messer, deine Hände – mehr braucht es kaum. Während das Blech arbeitet, hast du Zeit, die Küche zu ordnen, die Schultern sinken zu lassen, ein Glas Wasser mit Apfelessig zu trinken (oder was du magst). Vielleicht schneidest du die Äpfel etwas dicker, weil du’s gerne saftig hast. Vielleicht nimmst du rote Zwiebeln statt Schalotten, weil sie da sind. Ich bin nicht die Küchenpolizei. Ich bin die, die leise sagt: Vertrau deinem Bauch. Und deinem Ofen.
Die Äpfel – nimm Sorten mit Haltung: Boskoop, Elstar, Rubinette. Keine Supermarkt-Wattebäusche. Die Schalotten halbierst du der Länge nach, damit sie ihre Schichten zeigen können; sie werden im Ofen süß, fast karamellig. Der Salbei gibt dazu sein dunkles, fast harziges Aroma – ein Rauch ohne Rauch. Und zwischen allem: Hähnchen aus guter Haltung, Haut trocken getupft, damit sie knistern darf. Ich salze früh, pfeffere spät. Ein Löffel Senf im Sud, ein Tropfen Apfelessig neben dem Calvados: das macht Zug. Wie ein Akkord aus Dur und Moll.
Wie riecht’s bei dir gerade? Butterig, apfelig, ein bisschen frech vom Alkohol? Keine Sorge: Der Ofen kocht die Schärfe runter, lässt nur die Tiefe. Wenn du ganz ohne Alkohol magst – geht auch. Apfelsaft plus ein Hauch Essig, die Wärme kommt dann vom Pfeffer und vom Salbei. Kochen ist kein Dogma. Es ist eine Einladung.
Gleich, wenn du das Blech drehst, hörst du es zischen. Der Sud sammelt sich unter den Äpfeln, wird gold und leicht sirupartig. Würdest du probieren, würdest du merken: Da ist nicht nur Süße, da ist Balance. Genau das liebe ich an solchen Blechen: Sie sind Küche und Tischgespräch in einem. Man stellt die Form mitten hin, reißt ein Stück Brot ab, löffelt Sauce, pflückt Apfelscheiben, die halb zerfallen. Alles unkompliziert, aber nicht beiläufig.
Zutaten für 4 Portionen
- 1,2–1,4 kg Hähnchenschenkel (Bio, mit Haut)
- 600 g Äpfel (fest-säuerlich, z. B. Boskoop/Elstar), in Spalten
- 300 g Schalotten, längs halbiert, geschält
- 2 EL Olivenöl
- 40 ml Calvados
- 80 ml Apfelsaft (naturtrüb)
- 1–2 EL Apfelessig
- 1 TL grober Senf (Dijon oder körnig)
- 8–10 frische Salbeiblätter
- 1 TL Honig oder Ahornsirup
- 1 Bio-Zitrone (Abrieb)
- 1 TL grobes Salz (plus mehr nach Geschmack)
- frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- Optional: 30 g kalte Butter in Würfeln
- Zum Servieren: frisches Brot oder Kartoffeln; wer mag: ein paar geröstete Haselnüsse
Zubereitung – Schritt für Schritt
Den Ofen auf 210 °C Ober/Unterhitze vorheizen; das Blech mit einem Hauch Öl ausstreichen. Die Hähnchenschenkel trocken tupfen, die Haut leicht einritzen, großzügig salzen. Aufs Blech legen, Haut nach oben, ein bisschen Platz zwischen den Stücken lassen – Luft ist Krossheitsfreund.
Äpfel in schmale Spalten schneiden, Schalotten längs halbieren und mit 1 EL Olivenöl, einer Prise Salz, Zitronenabrieb und dem Honig vermengen. Die Mischung um die Hähnchenschenkel verteilen, die Salbeiblätter zwischen Haut und Fleisch schieben, ein paar obenauf legen. Jetzt duftet’s zitronig und grün.
Calvados, Apfelsaft, Apfelessig und Senf in einer kleinen Schüssel verrühren, mit Pfeffer abschmecken und über das Blech träufeln – nicht direkt auf die Haut, damit sie trocken bleibt. Ein letzter Faden Olivenöl über die Äpfel: Glanz ist Geschmack.
Das Blech in den Ofen schieben. Nach etwa 20 Minuten hörst du es leise zischen und die Haut beginnt zu bräunen. Das Blech kurz herausziehen, den Sud mit einem Löffel auf Äpfel und Schalotten geben (die Haut auslassen), die Hähnchenteile einmal drehen und wieder mit der Haut nach oben setzen. Zurück in den Ofen geben und weitere 15–20 Minuten rösten, bis die Haut tief gold ist und das Fleisch am Knochen nachgibt. Wenn’s sehr schnell bräunt, die Temperatur auf 200 °C senken.
Für extra Glanz den heißen Sud in einen kleinen Topf abgießen, kurz aufsprudeln lassen und die kalten Butterwürfel einrühren, bis er seidig wird. Über Äpfel und Schalotten löffeln. Wer’s rustikal mag, lässt alles einfach auf dem Blech. Grob pfeffern. Der Salbei duftet jetzt warm und herbstlich, die Äpfel sind weich mit leichtem Biss, die Schalotten schmelzen.
Mit Brot oder Kartoffeln servieren, wer mag streut geröstete Haselnüsse darüber – das knackt so schön gegen die weiche Süße.
- Alkoholfrei: Calvados durch weitere 40 ml Apfelsaft ersetzen, plus ½ TL mehr Apfelessig für die Tiefe. Für „Fass-Note“ 1 TL Vanilleessig oder einen Spritzer milder Sojasauce zum Sud geben.
- Vegetarisch/vegan: Statt Hähnchen 600 g kleine Kartoffeln (vorgekocht) und 400 g feste Räuchertofu-Würfel aufs Blech, 1 EL mehr Olivenöl, 1 TL Paprika edelsüß. Garzeit: ca. 25–30 Minuten.
- Für morgen: Restefleisch zerpflücken, mit Sud und Äpfeln mischen, mit grobem Senf und etwas Joghurt (oder veganer Alternative) zu einem schnellen Aufstrich rühren.
- Saisonal feinjustieren: Im Spätwinter Äpfel mit Birnen mischen, im Frühherbst ein paar Zwetschgenhälften dazulegen. Salbei lässt sich durch Thymian ersetzen – dann wird’s heller, zitroniger.

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