Wer im Herbst schon mal auf einem Winzerfest war, weiß, wie das riecht: warmer Hefeteig, süßlich geschmorte Zwiebeln, ein Hauch Kümmel und irgendwo ein Fass Federweißer, das unruhig blubbert. Bei uns daheim gab’s Zwiebelkuchen immer dann, wenn die Zwiebelernte eingebracht war. Man stand zusammen in der Küche, hat geschnippelt, geplaudert und die Tränen weggewischt – nicht vor Rührung, sondern weil ein Sack Zwiebeln nun mal seinen Dienst tut. Aber glaubt mir: die Mühe lohnt sich. Der Trick ist Geduld. Zwiebeln wollen Zeit, um mild zu werden und ihre Süße rauszulassen. Hetzt man sie, werden sie bissig – wie Nachbarn, die zu wenig Schlaf hatten.
Früher haben wir den Teig im großen Emaille-Topf gehen lassen, zugedeckt mit einem ausgeleierten Geschirrtuch. Kein Firlefanz. Und wenn der Ofen einmal lief, hat man gleich die ganze Familie sattgekriegt. Dazu gab’s ein Glas Neuen Wein. Wer keinen mag, nimmt Apfelschorle – das geht genauso. Wichtig ist, dass der Boden knusprig bleibt und der Belag nicht suppig wird. Darum kommen die Zwiebeln erst abgekühlt auf den Teig, und der Boden kriegt eine dünne Schicht Semmelbrösel oder Grieß. Zieht Feuchtigkeit, hält knusprig – ganz einfache Hauslogik.
Zwiebelkuchen ist geselliges Essen. Man schneidet ihn in ordentliche Stücke, stellt die Bleche auf den Tisch und sagt: „Greift’s zu.“
Er schmeckt warm am besten, aber kalt ist er auch nicht zu verachten. Und am nächsten Tag, kurz aufgeknuspert, ist er fast noch besser – wie viele Dinge, die Zeit haben durften. Macht’s nicht komplizierter als’s ist: gute Zwiebeln, ein ehrlicher Teig, ein Ofen mit Zug und ein bisschen Kümmel. Wenn’s g’scheit duftet, ist’s fertig.
Zutaten (für 1 Blech 30×40 cm)
Für den Hefeteig:
• 500 g Weizenmehl Type 550 (zur Not 405)
• 7 g Trockenhefe oder 20 g frische Hefe
• 1 TL Zucker
• 2 TL Salz (10–12 g)
• 280–300 ml lauwarme Milch oder Wasser
• 2 EL neutrales Öl oder 40 g weiche Butter
Für den Belag:
• 1,2 kg gelbe Zwiebeln, geschält, in feine Halbringe
• 150 g durchwachsener Speck, gewürfelt (optional)
• 2 EL Butter
• 1 EL Öl
• 200 g Schmand
• 200 g Crème fraîche (oder insgesamt 400 g Schmand)
• 3 Eier (Größe M)
• 1–1½ TL Salz
• ½ TL schwarzer Pfeffer
• 1–2 TL Kümmel, ganz
• 1 Prise Muskat
• 1 EL Mehl oder 1 EL Speisestärke
• 1 Bund Schnittlauch (optional)
Außerdem:
• 1–2 EL Semmelbrösel oder Grieß
• Backpapier
Zubereitung – Schritt für Schritt
Ofen auf 220 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Blech mit Backpapier auslegen.
Hefeteig: Hefe mit Zucker in lauwarmer Milch auflösen (bei Trockenhefe einfach untermischen), Mehl und Salz vermengen, Flüssigkeit und Öl zugeben und 8–10 Minuten kneten, bis der Teig glatt ist und sich weich wie ein Ohrläppchen anfühlt. Abgedeckt an einem warmen Ort 45–60 Minuten gehen lassen, bis er sich sichtbar verdoppelt. Rettung, falls träge: Teigschüssel kurz (max. 30 Sekunden) über einem Topf mit warmem Dampf anwärmen, nicht kochen.
Belag: Speck in einer großen Pfanne bei mittlerer Hitze auslassen, herausnehmen. Butter und Öl zugeben, Zwiebeln mit 1 TL Salz zugeben und 25–30 Minuten bei mittlerer Hitze schmurgeln, bis sie glasig, weich und leicht süß duften. Nicht bräunen – wenn’s zischt, ist die Hitze zu hoch. Pfanne vom Herd ziehen, Zwiebeln lauwarm abkühlen lassen. Rettung bei zu viel Farbe: 2–3 EL Wasser angießen und kurz dämpfen, Hitze runter.
Guss: Schmand, Crème fraîche, Eier, Pfeffer, Muskat und Mehl/Stärke verrühren, Speck und abgekühlte Zwiebeln unterheben. Abschmecken – eher kräftig, der Teig zieht was weg.
Teig ausrollen, aufs Blech legen, mit den Fingerspitzen bis an die Ränder drücken. Boden mehrfach einstechen. Dünn mit Semmelbröseln/Grieß bestreuen (saugt Flüssigkeit). Zwiebelmasse verteilen, glatt streichen, Kümmel darüber streuen.
Blech auf der mittleren Schiene 30–35 Minuten backen, bis der Rand goldbraun ist, die Mitte leicht gebläht wirkt und nichts mehr wabbelt. Wenn der Rand zu schnell bräunt, Blech eine Schiene tiefer setzen.
Kuchen 10 Minuten ruhen lassen, dann in Stücke schneiden. Mit Schnittlauchröllchen bestreuen. Wer’s mag, trinkt dazu Federweißer – aber Vorsicht, der geht hinterrücks in die Beine.
Varianten & Tipps
• Quark-Öl-Teig statt Hefe: 250 g Mehl, 1 TL Backpulver,
125 g Quark, 1 Ei, 60 ml Öl, 3–4 EL Milch – direkt ausrollen, kein Gehen nötig.
• Vegetarisch: Speck weglassen, dafür 1 EL Butter mehr und
100 g geriebenen Bergkäse in die Masse.
• Etwas feiner: 1–2 Stangen Lauch in feine Ringe schneiden
und die letzten 10 Minuten mit den Zwiebeln mitschwitzen.
• Kräftiger: 1 TL getrockneten Majoran oder ein paar Thymianspitzen zufügen.
• Boden extra knusprig: Blech 10 Minuten leer vorheizen oder mit Pizzastein arbeiten.
• Resteverwertung: Kalte Stücke in der Pfanne bei mittlerer Hitze ohne Fett aufknuspern.
Gretes Tipp: Wenn ihr denkt, die Zwiebeln sind genug geschmort,
gebt ihnen noch fünf Minuten – nur dann werden sie süß und bekömmlich.
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